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Königliche Bildpolitik in Preussen
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Ist Ihnen beim Betrachten der Bilder und Standbilder aufgefallen, dass Luise oft so gar nicht königlich wirkt? Meist ist sie die charmante, junge Frau, die den Betrachter mit ihrem
“Liebreiz”, sprich: ihrer weiblichen Ausstrahlung anzieht. Königliche Attribute fehlen oft. Die neuere Forschung belegt, dass das preußische Königshaus diesen Aspekt,
nämlich die Nähe zum Bürgertum, im Laufe der Zeit mehr und mehr gefördert hat.
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Karl Steffeck, Die Königin mit den zwei ältesten Söhnen in Königsberg
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Mit Schadows Doppelstandbild wurde die Grundlage geschaffen sowohl für die königliche Bildpolitik, als auch für den bald einsetzenden Luisenkult. Die Plastik sollte ursprünglich in großer Serie von KPM in Biskuitporzellan gefertigt werden, was dann jedoch unterblieb, nachdem der Fehltritt der Prinzessin Friederike offenkundig wurde. Das Standbild wurde von Friedrich Wilhelm aus dem Verkehr gezogen, und KPM begann erst viel später mit der Produktion der Porzellanstandbilder.
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Königliche Attribute treten bei Luise erst zu einem späteren Zeitpunkt auf. Die Porträts von Joseph Grassi und Elisabeth Vigée-Lebrun zeigen Luise geschmückt mit einem Diadem. Auch
in dieser Pose ist die Königin eine Königin zum Anfassen - volksnah. Das bescheidene Diadem ist kein Attribut der Macht, sondern ein typisch luisisches Kennzeichen, wie etwas das
berühmte Halstuch. Von Elisabeth Vigée-Lebruns Gemälde existieren zwei Pastellversionen, ohne Diadem, wieder ganz bürgerlich.
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Luises früher unerwarteter Tod am 18. Juli 1810, sie ist nur 34 Jahre alt geworden, bewirkte im Lande eine Trauer, die von Holger Simon mit der Trauer um die Prinzessin von Wales,
Lady Diana, verglichen wird. Die Sympathie- und Identifikationsfigur, die Luise zu Lebzeiten war, wandelte sich nun zu einem nationalen Vorbild. Das von den Franzosen halbierte,
geschundene und ausgebeutete Land hatte seine Schutzgöttin, die zum Himmel aufgefahren war.
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Auf Friedrich Wilhems Anweisung schuf Schinkel das Mausoleum im Schloßpark Charlottenburg, in dem Luise beigesetzt wurde. Christian Daniel Rauch, ehemals Kammerdiener bei Luise,
schuf 1813 das marmorne Grabmonument. Es zeigt eine immer noch jugendliche schöne Frau, bekleidet mit einem zarten Gewand, das die Formen des Körpers durchscheinen läßt. Diese
Darstellung, die der König so in Auftrag gegeben hatte, förderte den Trauerkult und die Mythenbildung ungemein.
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Karl Friedrich Schinkel, Mausoleum im Park Charlottenburg
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Holger Simon (siehe Literatur) erkennt in den Maßnahmen des trauernden Königs einen Plan:
König Friedrich Wilhem III.
gelang mit dem Mausoleum eine perfekte mediale Inszenierung. Das Volk mußte das Gelände des Schlosses betreten, um ihrer Volksheiligen huldigen zu können (...). Die mythisierende
Bedeutung seiner Gemahlin schien der König bald erkannt zu haben, und er nutzte die vereinigende Kraft, die von dieser Gedenkstätte ausging, für seinen Befreiungskrieg gegen
Napoleon, indem er den Mythos der Schutzgöttin förderte.
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Christian Daniel Rauch, Grabmonument Königin Luise
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Im Laufe des 19. Jahrhunderts durchlief der Luisenkult mehrere Wellen. Im Jahr 1876 wurde am 10. März der hundertste Geburtstag Luises gefeiert, und die nationale Verehrung erlebte
eine Renaissance. Die religiösen Elemente des Kults traten zurück, Luise wurde zum Nationaldenkmal erhoben. Erdmann Encke hatte 1880 im Tiergarten ein Standbild geschaffen, das
auf der Totenmaske der Königin basierte. Kaiser Wilhelm I. zeigte sich nach anfänglichem Zögern mit dem Werk zufrieden.
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Das vermutlich letzte Kultbild Luises schuf Gustav Karl Ludwig Richter 1879 mit Genehmigung des Kaisers. Hier zeigt sich Luise erstmals in königlichem Gewand mit kostbarem
Hermelin. Eine Ähnlichkeit mit der Königin (69 Jahre nach ihrem Hinscheiden) ist kaum noch festzustellen. Luise ist nun nicht mehr volksnah, sondern majestätisch, die Mutter des
deutschen Kaisers. Dieses Bild wurde zum Modell von unzähligen bildlichen Darstellungen auf Tellern, Vasen, Schalen und ähnlichen Vitrinenobjekten. Standort:
Wallraf-Richartz-Museum, Köln.
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Neben den bereits erwähnten Liebhaberaufführungen gab es am Niederrhein Festspiele, in deren Mittelpunkt Königin Luise stand. Ich verdanke Stefan Rees vom Schloss Drachenburg
folgenden Hinweis:
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In Wesel am Niederrhein fanden zwischen 1891 und 1900 vier Niederrheinische Festspiele satt, die der Niederrheinische Verein für Orts- und Heimatkunde in Wesel ausrichtete.
Dichterin der Festspiele war Johanna Baltz. 1894 wurde “Die Königin Luise” gegeben. Die Festspiele endeten immer mit einer Apotheose des Kaiserhauses, gespickt waren
sie mit sog. Tableux vivants. Federführend war Karl Mummenthey. Der Nachlass von Johanna Baltz befindet sich im Sauerland-Museum in Arnsberg.
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Erdmann Encke, Standbild 1880
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Das reizende Modell für Richters Bild soll Baronesse Josephine von Ziegler gewesen sein, die die Königin in einer Liebhaberaufführung verkörperte und von der Wilhelm I. gesagt
haben soll, “...ganz wie meine Mutter.”
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Den Schlusspunkt der plastischen Bildwerke bildet Fritz Schappers überlebensgroße Stuckfigur, die er selbst “Preußische Madonna” nannte. Die Marmorversion wurde von ihm 1901
ausgestellt. Sie zeigt in der Tradition des mittelalterlichen Madonnenbildes Königin Luise, auf dem Arm ihren zweiten Sohn, späteren Reichsgründer Wilhelm I.
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