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Die Politikerin - Luise mischt sich ein

Königin Luise gilt zweifellos nicht nur als bedeutendste deutsche Königin, sie war wohl auch die politischste. Man muß nur einen Blick in Jan von Flockens Biographie werfen, oder in ihre Briefe und Aufzeichnungen, oder in die seriöse Geschichtsliteratur. Ihr eigener Mann, dem sie unzählige wertvolle Anregungen gab und den sie mehr liebte als sich selbst, war von ihr nicht überzeugt. Friedrich Wilhem III. urteilte 1810 in seinen Erinnerungen über die politischen Fähigkeiten seiner eben zu Grabe getragenen Frau:

“Viele Menschen haben in dem Wahn gestanden, als ob meine Frau einen bestimmten Einfluß auf die Regierungsgeschäfte gehabt hätte. Sie hatte eine besondere Neigung für politische Gespräche, in denen sich freilich oft Leidenschaft mischte, besonders in der Kriegsperiode (...) wurde auf so mannigfaltige Weise auf sie eingewirkt, daß sie öfter fremde Ansichten für ihre eigenen hielt.” (Briefe und Aufzeichnungen).

Vernichtender hätte selbst Napoleons Kritik nicht ausfallen können, dem nichts mehr zuwider war, als eine politisierende Frau. Link: Luise übernimmt Aufgaben.

Diese Einschätzung mögen auch die Herausgeber des Standardwerkes “Die großen Deutschen”, Hermann Heimpel, Theodor Heuss und Benno Reifenberg 1953/54 geteilt haben, als sich für Luise außer drei unbedeutenden Fußnoten kein Platz fand. - Luise also das Dummchen mit der hübschen Larve?

Die Machtmittel einer Königin von Preußen reichten nicht gerade weit. Auch war Luise zwar eine selbstbewußte junge Frau, die komplexe Zusammenhänge rasch erfaßte - eine politische Erziehung hatte sie jedoch ebenso wenig genossen, wie ihr Ehegemahl. Sie sah, wie sich ihr Mann mit unfähigen Ratgebern umgab, sie registrierte, wie er meistens auf die schlechtesten Ratgeber (Haugwitz, Lombard, Beyme, Köckeritz und Lucchesini) hörte und die treuesten und klügsten verprellte. Den stärksten Einfluß auf Luises politisches Bewußtsein hatte jedoch ihr größter Feind, Napoleon. Luise registrierte die politischen Veränderungen in Europa und empfand die Preußen dabei zugedachte Rolle als Demütigung.

Während Napoleon von Erfolg zu Erfolg schritt, wurde der Spielraum Preußens immer mehr eingeschränkt. Prinz Louis Ferdinand von Preußen, von Friedrich Wilhelm verachtet und mit skandalöser Ungerechtigkeit behandelt, stand Luise besonders nahe. Er war gebildet, korrespondierte mit Goethe und Stein, komponierte und lebte mit seiner bürgerlichen Gefährtin zusammen. Scharnhorst hielt ihn für einen der fähigsten Generale, Beethoven für einen guten Pianisten.

Prinz Louis Ferdinand von Preussen

Luise und Louis Ferdinand waren sich dessen bewußt, daß es für Preußen nur die Wahl zwischen Sklaverei und Untergang geben würde. Sie wagten das Wort “Krieg” auszusprechen, waren sicher, daß Napoleon den Krieg nach Preußen bringen würde. Warum ihn nicht mit Glanz führen, energisch und entschlossen? - Stein, Gneisenau, Blücher und Scharnhorst waren gleicher Auffassung. So ist der Begriff der “Kriegspartei” entstanden, der von der napoleonischen Propaganda gern verwendet wurde, um Luise den Nimbus einer Kriegstreiberin zu verleihen und der von ahnungslosen Kritikern gern benutzt wurde. Partei der Königin wäre der passendere Ausdruck.

Im Laufe des Jahres 1804 änderte sich Luises politisches Bewußtsein entscheidend. Napoleon verletzte in zunehmendem Maße die vertraglichen Rechte Preussens, und Luise, bis dahin in außenpolitischen Dingen eher indifferent, begann mit Friedrich Wilhelm über dessen Neutralitätspolitik zu debattieren. Sie riet ihm dabei, sämtliche Kontakte zu dem französischen Kaiser abzubrechen. Sie gab den Anstoß für die Kontaktaufnahme zu Russland und Österreich. Zum Dank für diese Initiative nannte Napoleon Luise fortan “meine schöne Feindin”.

Am 2. Dezember 1805 schlug Napoleon bei Austerlitz die Österreicher und Russen. Luise war entsetzt, machte sich aber unverzüglich stark für ein Bündnis mit Rußland, was ihr Gemahl ablehnte. Wenige Tage später diktierte Napoleon neue Bedingungen, Preußen verlor Gebiete und wurde obendrein gezwungen, mit Frankreich ein Bündnis einzugehen. An und für sich ein Kriegsgrund - Preußen war zu einer energischen Reaktion jedoch nicht mehr in der Lage.

Als nächstes wurde Luises engster politischer Partner, zu dem sie auch ein gutes persönliches Verhältnis hatte, der preußische Außenminister Hardenberg, aus dem Amt gejagt. Im offiziellen französischen Staatsanzeiger, dem Monitor, wurde Hardenberg als ehrlos, treulos und notorischer Gegner Frankreichs denunziert. Es ist bekannt, daß der Monitor als Sprachrohr Napoleons dessen Meinung wortwörtlich abdruckte. Obwohl Hardenberg natürlich Napoleon nicht zur Treue verpflichtet gewesen wäre, nahm er seinen Abschied. Als Privatmann unterhielt er weiter gute Beziehungen nach St. Petersburg. Luise wurde ständig auf dem Laufenden gehalten, nicht etwa der König oder dessen Berater.

Napoleon ließ derweil keine Gelegenheit verstreichen, um Preußen demonstrativ zu demütigen. Er ließ seinen Marschall Murat, Herzog von Berg, preußisches Gebiet besetzen, worauf Blücher sofort eine drohende Haltung einnahm, von seinem König jedoch keine Rückendeckung bekam. Luise riet ihrem Gemahl schriftlich, keine weitere Nachgiebigkeit zu zeigen und von Napoleon zumindest Rechenschaft über den Unrechtsakt zu verlangen. Friedrich Wilhelm rechtfertigte sich für seine Feigheit bei Luise, er habe nicht die nötigen Mittel. - Hierzu muß man wissen, daß Luise denselben Wagemut wie Blücher äußerte, nur einen Tag, nachdem ihr kleiner Sohn Ferdinand gestorben war.

Inzwischen hatte der Freiherr von und zum Stein die politische Szene betreten. Der eigensinnige Freiherr machte sich auf, den rückständigen preußischen Staat zu reformieren. Für gut ein Jahr hielt er die politische Macht in Preußen in Händen, Luise war von Stein fasziniert. Seine berühmte Denkschrift vom 27. April 1806, worin er die Abschaffung der verantwortungslosen Kabinettsräte und die Bildung einer Ministerkonferenz mit klar abgegrenzten Verantwortlichkeiten forderte, machten einen großen Eindruck auf sie. Steins drastische Offenheit -er nannte die unfähigen Berater beim Namen - verwirrte sie jedoch. Luise machte von Pyrmont aus Änderungsvorschläge, die das Ziel hatten, den König für das Reformwerk zu gewinnen. Dieser war jedoch völlig uneinsichtig, für ihn gab es keine Notwendigkeit einer Reform.

Am 19. Juni 1806 begann Luise ihren Kuraufenthalt in Bad Pyrmont, der ihrer angeschlagene Gesundheit dienlich war. Unter dem Pseudonym Gräfin von Hohenstein blieb sie während ihres Aufenthaltes doch ihren Pflichten als preußische Königin treu. Hatte sie schon auf der Fahrt Herzog Karl Wilhelm von Braunschweig, gleichzeitig Generalfeldmarschall des preußischen Heeres, besucht, um ihn als Bundesgenossen für die preußische Sache zu begeistern. So traf sie sich in Bad Pyrmont mit zahllosen Fürsten und Politikern, auch mit dem Kurfürsten Wilhem I. von Hessen-Kassel, der durch den Verkauf seiner Landeskinder - Soldatenhandel - steinreich geworden war und dessen Heer als bestausgebildetes in Deutschland galt. Luise erreichte immerhin, daß Hessen sich für neutral erklärte und so nicht den Schlepptau französischer Politik geriet.

In Bad Pyrmont knüpfte Luise Freundschaft mit Blücher, preußischer Generalleutnant und Gouverneur von Westfalen. Seit seiner Reaktion zu den Vorfällen im Herzogtum Berg war er ihr ein Begriff geworden.

Die sechswöchige Kur in Pyrmont half Luise, die kommenden aus preußischer Sicht schlimmen Ereignisse besser zu ertragen. 16 deutsche Fürsten sagten sich vom Reich los und unterwarfen sich Napoleons Rheinbund. Preußens Westgrenze war nun französisches Vasallenland. Das heilige römische Reich deutscher Nation hörte auf zu existieren. Im Oktober 1806 nahm Preußen dann den Kampf auf, nachdem Napoleon bei Ansbach in preußisches Gebiet eingedrungen war. General Prinz Louis Ferdinand war am 10. Oktober 1806 im Gefecht bei Saalfeld einer der ersten Gefallenen. Preußen hätte den Kampf zu keinem schlechteren Zeitpunkt aufnehmen können. Zahlenmäßig überlegen, jedoch schlecht ausgebildet und schlecht geführt, endete die Schlacht bei Jena und Auerstedt in der Katastrophe.

Im Laufe der folgenden Jahre wurde Luise zum wichtigsten Berater ihres schwankenden und entschlußlosen Ehemannes, obwohl dieser ihren Einfluß nicht wahrhaben wollte und ihn ständig herunterspielte. Überhaupt haben die nachfolgenden Hohenzollern - wie auch Napoleon - den Standpunkt vertreten, daß Frauen in der Politik keine Rolle zu spielen hätten. Folglich wurde ihr maßgeblicher politischer Einfluß nicht registriert oder heruntergespielt. Die deutsche Frau ist treusorgend und vaterländisch gesinnt und hat sich im Übrigen aus allem herauszuhalten, was dem Manne von Geburt an zusteht.

Friedrich Wilhelm, dem es nicht an persönlicher Tapferkeit, ja Kaltblütigkeit mangelt, war kein Mensch, der in politischen Dimensionen zu denken vermochte. Seine Detailorientierung machte Entscheidungen oft unmöglich. Hölzern ist der Ausdruck, der seine Charaktereigenschaft wohl am besten kennzeichnet. Luise dagegen war geschmeidig, mit Esprit und voller Tatkraft. Neuen Dingen gegenüber war sie aufgeschlossen. So wurde sie, wie ihr Bruder Georg es nannte, zum Bindemittel zwischen Monarch und Nation. Heimlich und gegen den Willen Ihres Ehemanns bildete sie sich weiter, las Bücher und nahm Privatunterricht, wenn auch nicht behauptet werden kann, daß sie mit herausragenden intellektuellen Fähigkeiten ausgestattet war.

Obwohl man ihr schon als Kronprinzessin die Einmischung in Staatsangelegenheiten untersagt hatte, fühlte sich Luise verpflichtet, an den großen Entscheidungen, die die Zeit forderte mitzuwirken und setzte sich bei Friedrich Wilhelm in besonderem Maße für die Berufung des Ministers vom Stein und des Staatskanzlers Hardenberg ein. Mit Hardenberg stimmt sie sich in Tilsit Stunden vor dem Treffen mit Napoleon bis in alle Einzelheiten ab. In seltsamer Verdrehung der Tatsachen hat die Nachwelt ihr angedichtet, das Treffen sei auf Luises Wunsch zustande gekommen. Friedrich Wilhelm betonte immer, daß seine Frau keinerlei Einfluß auf die Regierungsgeschäfte habe.

Das Treffen in Tilsit zwischen dem kleinen dicken Korporal, der zum Weltenkaiser aufgestiegen war, und der Königin ohne Land hatte Luise niemals gewollt. Sie haßte Napoleon und wäre niemals auf die Idee gekommen, mit ihrem größten Widersacher (dazu noch unter vier Augen! - Talleyrand, der sich auf den Abbildungen immer im Hintergrund aufhält, hat an dem Gespräch nicht teilgenommen) zusammen zu treffen. Diese Idee enstammte den Köpfen der Politiker Hardenberg und Kalckreuth sowie ihres Ehemannes, die allesamt mit ihrem Latein am Ende waren. Alexander I. unterstützte das Vorhaben.

Luise machte sich mit gemischten Gefühlen auf die beschwerliche Reise nach Piktupöhnen unterhalb Tilsit, nach Tagen voller Zweifel. Würde der Kaiser sie kurzerhand auf die Guillotine schicken, oder erschießen, wie drei Jahre zuvor den Herzog von Enghien (C’ est plus qu’un crime, c’est une fault)? - Später, nach dem denkwürdigen und erfolglosen Treffen, äußerte sich Luise durchaus positiv über Napoleon. Auch fand sie ihn nicht so abstoßend häßlich, wie man ihn ihr geschildert hatte.

Luise und Napoleon in Tilsit 6. Juli 1807

Die Unterredung in Tilsit zwischen der Königin und Napoleon am 6. Juli 1807 fand unter vier Augen statt. Der auf zahlreichen Bildern dargestellte Talleyrand (oder auch Friedrich Wilhelm III., wie mancheiner vermutet) waren nicht anwesend.

1808 ist ein weiteres Jahr des Exils in Königsberg. Währenddessen leben die anderen deutschen Fürsten wie eh und jeh in ihren angestammten Schlössern. Die Rückkehr nach Berlin ist ein weite Ferne gerückt. Der König ist mutlos. Luise versammelt Künstler und Gelehrte um sich, und mit Blick auf ihre Bemühungen um Stein und Hardenberg schrieb der Dichter Heinrich von Kleist [zitiert nach Dagmar von Gerstorff]:

Man sieht sie einen wahren königlichen Charakter entwickeln - Sie hat den ganzen großen Gegenstand, auf den es jetzt ankommt, umfaßt; sie, deren Seele noch vor kurzem mit nichts beschäftigt schien, als wie sie beim Reiten und Tanzen gefalle, sie versammelt alle unsere großen Männer, die der König vernachlässigt, um sich: ja, sie ist es, die das, was noch nicht zusammengestürzt ist, hält.

Zweifellos war Hardenberg der Politiker, zu dem Luise die engsten Beziehungen pflegte. Auf dem Sterbebett in Hohenzieritz am 19. Juli 1810, machte sie ihrem untröstlichen Gatten mit ihren buchstäblich letzten Worten klar, daß er wenn er sie verliere, ja noch Hardenberg habe...

Dies war der letzte Ratschlag, den Luise ihrem Ehemann erteilen konnte, wenige Minuten später starb sie unter anhaltenden großen Schmerzen.

Röchling, Sterbelager der Königin
Das Treffen in Tilsit: Napoleon. Alexander I., Luise, Friedrich Wilhelm III.

Treffen in Tilsit: Napoleon, Alexander, Luise und Friedrich Wilhelm III.

König Friedrich Wilhem III. über seine soeben verstorbene Gattin, Freundin und Beraterin:

“Viele Menschen haben in dem Wahn gestanden, als ob meine Frau einen bestimmten Einfluß auf die Regierungsgeschäfte gehabt hätte. Sie hatte eine besondere Neigung für politische Gespräche, in denen sich freilich oft Leidenschaft mischte, besonders in der Kriegsperiode (...) wurde auf so mannigfaltige Weise auf sie eingewirkt, daß sie öfter fremde Ansichten für ihre eigenen hielt.”

Der König ist unfähig, die herausragende Leistung seiner besten Beraterin zu würdigen. Wie so häufig, basiert sein Urteil auf totaler Fehleinschätzung. Lesen Sie Heinrich von Kleists Standpunkt.

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Heinrich von Kleist über die Königin, die alles zusammen hält:

Man sieht sie einen wahren königlichen Charakter entwickeln - Sie hat den ganzen großen Gegenstand, auf den es jetzt ankommt, umfaßt; sie, deren Seele noch vor kurzem mit nichts beschäftigt schien, als wie sie beim Reiten und Tanzen gefalle, sie versammelt alle unsere großen Männer, die der König vernachlässigt, um sich: ja, sie ist es, die das, was noch nicht zusammengestürzt ist, hält.

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Luises politisches Glaubensbekenntnis geschrieben in ihrer schwärzesten Stunde

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Luises politischer Schriftwechsel in den Jahren von 1807 bis 1810
 

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Textstellen auf dieser Web site: politischer Einfluss der Königin
 

 

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Königin Luise von Preussen  -  Queen Louise of Prussia  -  la reine Louise de Prusse  -  www.koenigin-luise.com

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