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Gneisenau

Gneisenau, August Graf Neidhardt von (1760-1831), preuß. Heerführer, Generalstabschef Blüchers, entschiedenster Gegner Napoleons. Die wichtigsten Reformen des Militärdienstes gehen auf ihn zurück. Gneisenau gehört zu den Mitgliedern der von König Friedrich Wilhelm III. 1807 eingesetzten und von Scharnhorst geleiteten Militär-Reorganisationskommission.

Gneisenau war wie fast alle großen preußischen Reformer kein Preuße. Er stammte aus dem sächsischen Schildau und durchlief die Offizierslaufbahn. Daneben nahm er regen Anteil an den in Europa sich vollziehenden Veränderungen. Er studierte Sprachen und Geschichte, war zeichnerisch begabt.

Gneisenau

Gneisenaus militärische Karriere verlief gemächlich. 1785 trat er als Offizier in die preußischen Dienste, wurde 1795 Hauptmann und nahm 1806 an dem Gefecht bei Saalfeld und der Schlacht bei Jena teil, wo er verwundet wurde. Nach Jena sagte er: “Tausendmal lieber sterben, als dies wieder erleben.” Ende 1806 war er Major.

Als Kommandant der Festung Kolberg erwirbt er sich den Nimbus des Unbesiegbaren. Die Stadt verteidigt sich erfolgreich gegen die napoleonischen Truppen, und Gneisenau gelingt es, die opferbereiten Bürger der Stadt in die Verteidigung einzubeziehen. Seine Taktik ist Flexibilität, improvisierte Feldbefestigungen, kleine Kampfgruppen - eine revolutionäre Neuerung für die damalige Zeit.

Kurz darauf ist Gneisenau Oberstleutnant und wird mit dem Orden Pour le mérite ausgezeichnet. Am 25. Juli 1807, wenige Tage nach dem Tilsiter Frieden, beruft ihn König Friedrich Wilhelm III. in die Militär-Reorganisationskommission. Im Bunde mit dem stillen und kränklichen Vorsitzenden Scharnhorst, der still und konsequent dem Befreiungskrieg entgegen arbeitete, dem gegenüber sich der stolze Gneisenau als einen “Pygmäen” bezeichnet, dem willensstarken Grolmann, dem kraftvollen Staatsmann Stein, dem Organisator Boyen und dem philosophisch geschulten Clausewitz entwickelt Gneisenau das Reformwerk zur Erneuerung der Armee und des Staates. 

Gneisenaus Denkschriften haben mit der ursprünglichen Aufgabe der Kommission, Fehlverhalten im Offizierskorps aufzudecken und zu ahnden, nichts mehr gemein. Er untersucht die Gründe der Niederlage, ihn bewegt der Aufstieg Frankreichs und die Gründe dafür. Für Gneisenau ist die Französische Revolution die Triebfeder, die unendliche Kräfte im Schoß der französischen Nation freigesetzt hat. Auch in Preußen sind nicht mehr die alten Namen gefragt, frische Tat und frische Kraft bringen das Land wieder auf die Beine - sonst nichts.

Die zahlreichen Denkschriften Gneisenaus zu den Themen Humanisierung des militärischen Dienstes, Abschaffung der entehrenden Strafen, Beachtung der Menschenwürde, Abschaffung des übertriebenen Paradedrills zugunsten des Felddienstes, Einführung der allgemeinen Wehrpflicht (mit Landwehr und Landsturm), Errichtung einer Kriegsschule, Abschaffung der ständischen Vorrechte der Armee, Neuorganisation der Armee auf Grund der Erfahrungen der napoleonischen Kriege, Stellenbesetzung der Offiziere nach Leistung, werden von Friedrich Wilhelm oftmals als “Poesie” abgetan. - Gneisenau nahm Friedrich Wilhelms Tadel - “als Poesie gut!” - hinsichtlich seines Vorschlages für einen Landsturm zur Kenntnis und antwortete dem König “...Auf Poesie ist die Sicherheit der Throne gegründet... Dies ist Poesie, und zwar von der edelsten Art; an ihr will ich mich aufrichten mein Leben lang.”

Bei der Errichtung der Kriegsakademie und der Bildung des Generalstabes war Gneisenau die treibende Kraft. Gneisenau hatte seinen Dienst in der preußischen Armee bei der Königlichen Suite begonnen. Einen Generalstab moderner Prägung gab es damals nicht und wurde nun erst eingeführt.

In den Jahren 1807 bis 1809 findet man Gneisenau in verschiedenen militärischen Funktionen, einige mußten verdeckt werden, um nicht Napoleons Verdacht zu erwecken. Am 1. Juli 1808 nimmt er “für die Dauer des Friedes” seinen Abschied. Missionen nach England, Schweden, Finnland, Rußland enden erfolglos. Am 8. August 1811 entwickelt er einen Plan zur Vorbereitung eines Volksaufstandes. Als Preußen Anfang 1812 ein Bündnis mit Frankreich schließt, ergeht eine Kabinettsorder, nach der Gneisenau aus der Armee und dem Staatsrat entfernt wird. 

Mit einem klaren Blick für politischen Verrat nennt er Alexanders I. Treulosigkeit gegenüber Preußen beim Namen: “Ich frage, ob dieser Alexander, wenn er Preußens bitterster Feind gewesen wäre, sich sinnreicher hätte benehmen können, um unseren Untergang zu befördern, als er getan hat, indem er sich unseren Freund nannte!” 

Nach der Konvention von Tauroggen am 30. Dezember 1812, die York von Wartenburg ohne Rückendeckung durch den König mit der russischen Armeeführung eigenmächtig aushandelte, kehrt Gneisenau wieder an den preußischen Hof zurück. Gneisenau wird nach dem Tode seines Vorgängers Scharnhorst Chef des Generalstabes bei Blüchers Schlesischer Armee. In den Schlachten bei Leipzig (Völkerschlacht am 16. Oktober 1813) und bei Belle-Alliance (Waterloo 18. Juni 1815) werden die napoleonischen Truppen geschlagen. Viele Historiker sehen in Gneisenau den eigentlichen Sieger von Belle-Alliance (Blücher war erkrankt und nicht voll einsatzfähig). Wellington wiederum nennt das Eingreifen von Bülow von Dennewitz den entscheidenden Wendepunkt der Schlacht.

In Gémappes, während der Schlacht bei Belle-Alliance, erbeutete Gneisenau ausgerechnet den Schwarzen Adlerorden, den Friedrich Wilhelm Napoleon 1804 verliehen hatte. Mit eben diesem Orden wurde Gneisenau ausgezeichnet und zugleich zum General der Infanterie befördert. Sein Ruf als Militärstratege konnte sich mit dem Napoleons messen. Als Friedrich Wilhelm ihm zum zehnten Jahrestag der Schlacht von Belle-Alliance den Marschallstab überreichte, sagte er: “Habe Sie oft verkannt.” Und so sollte es bleiben. Der König mochte ihn nicht, bis zum Schluß. Am 23. August 1831 starb Gneisenau an den Mitteln, die er zur Verhinderung der Choleraseuche eingenommen hatte.

August Graf Neidhardt von Gneisenau

“Die Welt bleibt nimmer stehen; alles bildet sich weiter und anders.” Gneisenau

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