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Stein & Hardenberg: Kabinettsreform in Preussen

Das absolutistische System im preußischen Staate funktionierte so, daß die gesamte Macht und Verantwortung beim König konzentriert war. Der König traf sämtliche Entscheidungen, wichtige wie unwichtige. Delegieren von Aufgaben geringerer Bedeutung war nicht üblich, ja nicht gewünscht, da der König befürchten mußte, damit einen Teil seiner Machtfülle abzugeben. Da auch ein fleißiger König wie Friedrich II. sich jedoch beim besten Willen nicht um alle Geschäftsvorgänge persönlich kümmern konnte, ließ er sich von geheimen Kabinettsräten beraten.

Diese Kabinettsräte hatten, sofern sie dem König genehm waren, einen großen Einfluß, handelten jedoch ohne jede Verantwortung. Dieses System förderte persönliche Eitelkeiten und Mißgunst. Sachkunde war nicht gefragt. Karrieredenken und Vetternwirtschaft waren die Beweggründe. Mit Rücksicht auf den äußeren Schein des allgewaltigen Herrschers agierten die Kabinettsräte hinter den Kulissen.

Unter Friedrich Wilhelm II. wurde die Kabinettsregierung von charakterschwachen Günstlingen getragen. Sie übten ihren Einfluß ohne jede staatliche Kontrolle aus. Die Wirksamkeit der Ministerien wie auch der Armee war damit empfindlich geschwächt. Die Finanzen gerieten unter dem verantwortungslosen und verschwenderischen König Friedrich Wilhelm II. aus dem Ruder. Als er endlich starb, war der Staatshaushalt ruiniert.

Friedrich Wilhelm III., der bei seiner Thronbesteigung über keinerlei politische Bildung oder Erfahrung verfügte, war davon überzeugt, daß mit seinem Regierungsantritt diese Mißstände abgestellt werden müßten. Jedoch packte er das Übel nicht an der Wurzel, die Günstlinge seines Vaters konnten ihre Positionen vorerst behalten. Der schwächliche Herrscher brachte es am 4. Juli 1804 sogar fertig, per Kabinettsorder zwei preußische Außenminister zu berufen! Haugwitz wurde Kabinettsminister und außenpolitischer Berater des Königs, und Hardenberg bekam die offizielle Verantwortung für das Außenamt. Diese unsinnige Regelung war die Quelle ständiger Mißhelligkeiten.

E. Mandel, König Friedrich Wilhelm III. von Preußen

Allerdings war unter Friedrich Wilhelm III.nun absolute Sparsamkeit angesagt, die Verschwendung hörte auf. Der König veranlaßte eine Reihe von Reförmchen: Beim Militär wurde die Verpflegung der Soldaten verbessert. Scharnhorst wurde 1800 an die Berliner Akademie für junge Offiziere berufen. Im Unterrichtswesen gab es Ansätze für Verbesserungen. Es wurde angeregt, beraten und vorbereitet - da Friedrich Wilhelm III. im Grunde jedoch ein rückschrittlicher Herrscher war, fehlte der feste Wille, Reformen auch umzusetzen.

Der König, dessen Charaktereigenschaften mit dem Begriff “schwierig” nur unvollkommen beschrieben werden, hatte sich zum Glück angewöhnt, seine junge Frau Luise ins Vertrauen zu ziehen. Die meisten Staatsangelegenheiten wurden mit ihr erörtert. Sie war jetzt Anfang 20, eine junge Frau mit lückenhafter Schulbildung, die in den kommenden Jahren Geschichtsbücher geradezu verschlingen sollte.

Die Situation änderte sich schlagartig, als Stein 1806 die Szene betritt. Die schlimmsten Quertreiber unter den Kabinettsräten, allesamt treulos, verräterisch oder zumindest unfähig verloren ihre Ämter. Es waren dies Christian August Graf von Haugwitz, Johann Wilhelm Lombard, Karl Friedrich von Beyme und Girolamo Marchese Lucchesini, seines Zeichens preußischer Botschafter in Paris, befreundet mit Napoleon und diesem treu ergeben.

Vom Freiherrn vom Stein war ein Staatsrat vorgeschlagen worden, der als Leitfunktion für sämtliche Behördenorganisationen hätte dienen sollen, der sich jedoch nicht durchsetzte. Dafür entstanden in Berlin Fachministerien und in den Provinzen Provinzialverwaltungen mit Oberpräsidenten an ihrer Spitze. Die fünf Ressortministerien hatten nach französischem Vorbild klar definierte Zuständigkeitsbereiche: Auswärtiges, Inneres, Finanzen, Krieg und Justiz. Ein kollegiales Staatsministerium war den Ressortministerien übergeordnet und dem König gegenüber verantwortlich. Das Staatsministerium besaß ein entscheidendes Mitspracherecht.

P.J. Lützenkirchen, Freiherr vom Stein

1808 wurde Stein entlassen, und er kehrte nicht wieder in den preußischen Staatsdienst zurück. Die Entlassung geschah auf Druck von Napoleon, der in Stein eine Gefahr für seine Interessenpolitik sah. Unglücklicherweise war den Franzosen ein Papier Steins in die Hände gefallen, worin er zur Erhebung gegen die Unterdrücker aufgerufen hatte. Stein begab sich, wie z. B. Clausewitz auch, in die Dienste des Zaren Alexander I.

Insgesamt war Stein nur 14 Monate erster Minister Friedrich Wilhelms III. In dieser unglaublich kurzen Zeit traten bis November 1808 eine Reihe von Reformen in Kraft, die den Übergang Preußens vom Absolutismus zum Verfassungsstaat kennzeichneten. Die Verwaltung wurde sowohl auf oberster Ebene, als auch auf Provinzial- und kommunaler Ebene neu strukturiert.

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